Grundstücksenteignung: Kann hoheitlicher Zwang zu privaten Veräußerungsgewinnen führen?

Enteignungen sind in Deutschland sehr selten. Aber in Ausnahmefällen ist solch ein hoheitlicher Eingriff in die private oder betriebliche Vermögenssphäre durchaus möglich. Und das deutsche Steuerrecht gibt es natürlich her, dass man sich direkt im Anschluss über die geflossene Entschädigungszahlung streiten kann.

Solch ein seltener Fall wurde kürzlich vor dem Finanzgericht Münster (FG) behandelt: Ein ehemaliger Grundstückseigentümer war nicht nur enteignet worden, sondern sollte auf die erhaltene Entschädigungszahlung auch noch anteilig Einkommensteuer entrichten. Einen Teil des Grundstücks hatte er nämlich erst vier Jahre zuvor bei einer Zwangsversteigerung erworben. Und Grundstücksveräußerungen innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb sind meist steuerpflichtig.

Aber - so das FG - das Einkommensteuergesetz spricht in diesem Zusammenhang von einem "Veräußerungsgeschäft". Und so ein "Geschäft" erfordert immer eine entgeltliche und vor allem willentliche Übertragung des Eigentums an einem Grundstück. Von einer willentlichen Übertragung konnte im Streitfall aber nicht die Rede sein, weil der ehemalige Eigentümer ja nicht enteignet werden wollte. Die Entschädigung wurde ihm quasi hoheitlich aufgezwungen. Ohne Veräußerung konnte es aber auch keine Steuerpflicht geben - und die Einkommensteuerforderung musste zurückgenommen werden.

Hinweis: Sie mussten in einer Zwangslage Ihr Grundstück veräußern oder verhandeln aktuell über eine eventuelle Entschädigung? In der Regel ist auch ein Verkauf unter Zwang steuerpflichtig. Der im Artikel beschriebene Fall ist eine Ausnahme, weil es sich dabei um eine echte Enteignung handelte.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 03/2019)