Geschwindigkeitsverstoß: Gericht konkretisiert Voraussetzungen zur Rüge eines "lückenhaften" Messprotokolls

Sicherlich gab es in den letzten Jahren der Verkehrsrechtsprechung einige erfreuliche Entscheidungen zugunsten von Klägern, die sich bei Geschwindigkeitsdelikten mit der angewandten Messtechnik anlegten. Dass dies jedoch nicht heißt, dass man im Ernstfall die Messdaten einfach in Zweifel ziehen sollte, ohne dafür stichhaltige Anhaltspunkte zu liefern, zeigt dieser Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Gegen den Betroffenen war wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 40 km/h eine Geldbuße in Höhe von 520 EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden. Der hiergegen gerichtete Einspruch ging dann jedoch in eine andere Richtung, als vom mehrfach vorbelasteten Betroffenen mutmaßlich erhofft: Das Amtsgericht Kassel verurteilte den Mann sogar zu einer Geldbuße von 1.000 EUR und einem Fahrverbot von zwei Monaten, da es sein Verhalten als vorsätzlichen Verstoß würdigte. Dagegen zog der Mann mit einer Rechtsbeschwerde vor das OLG und rügte zudem lückenhafte Messprotokollierungen.

Doch auch vor dem OLG hatte der Betroffene keinen Erfolg, da ein Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen für das Gericht nicht zu erkennen war. Das gelte insbesondere für die Würdigung des Verhaltens als vorsätzlicher Verstoß und daran anknüpfend die verschärfte Ahndung. Der vom Betroffenen gerügte Umgang mit "lückenhaften" Messprotokollen erschöpfte sich in einer bloßen Behauptung und begründet ebenfalls keinen Rechtsfehler. Denn Auffälligkeiten und/oder Besonderheiten in der Falldatei, die in einem Kontext zum Messprotokoll gesehen werden könnten, wurden vom Betroffenen bzw. seinem Verteidiger nicht dargestellt. Das sich in der Akte befindliche Fallbild wies ebenfalls keinerlei Auffälligkeiten auf. Es zeigte in Augen des OLG lediglich einen einsamen Fahrer, der mit entspanntem Gesicht und gemessenen 90 km/h kurz nach Mitternacht durch die Innenstadt rast.

Hinweis: Messprotokolle können als amtliche Urkunden verlesen werden und die Einvernahme von Zeugen ersetzen. Entsprechen Messprotokolle nicht den verbindlichen Vorgaben, muss der Messbeamte als Zeuge vernommen werden. Erinnert sich dieser an die meist schon Monate zurückliegende Messung nicht mehr, liegt kein sogenanntes standardisiertes Messverfahren vor. Das Gericht muss dann eine volle Beweiswürdigung unter anderem unter Bewertung der vom Messgerät erzeugten Falldatei vornehmen. Dabei stellt es die Grundanforderung an die Verteidigung, aus der Falldatei heraus dem Gericht vor der Hauptverhandlung konkrete Auffälligkeiten aufzuzeigen. Nur diesen ist das Gericht verpflichtet, nachzugehen.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 15.05.2025 - 2 Orbs 69/25
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2025)