Unverhältnismäßig: Kein Abschleppen bei Parken eines Verbrenners an nicht in Betrieb genommener E-Säule

Halter von Benzinern haben es nicht leicht. Da ist ein begehrter Parkplatz frei, der E-Fahrzeugen während des Ladevorgangs gewidmet ist. Muss denn dieser Platz auch freibleiben, wenn die Säule noch nicht in Betrieb ist? Ob Letzteres nicht vielmehr ein Problem für E-Fahrzeughalter ist, war nicht die Frage, die das Verwaltungsgericht Hamburg (VG) zu lösen hatte. Vielmehr stand im Raum, ob in derartigen Fällen das Abschleppen des benzinbetriebenen Pkw verhältnismäßig war.

Ein Autofahrer parkte mit seinem Verbrenner auf einem Parkplatz, der nach der Beschilderung E-Autos vorbehalten war. Allerdings hing an der Ladesäule ein Plakat, das die noch ausstehende Inbetriebnahme dieser Säule erst für die nahe Zukunft ankündigte. Ein Polizist erteilte dem Autofahrer dennoch ein Verwarngeld wegen falschen Parkens und ließ das Fahrzeug abschleppen. Der Fahrzeughalter bekam für den Abschleppvorgang daraufhin eine Rechnung von 470 EUR, wogegen er sich zur Wehr setzte. Er sei schließlich befugt gewesen, dort zu parken, da die Säule noch gar nicht in Betrieb gewesen sei.

Das VG gab dem Betroffenen nur zum Teil recht. Denn es sah zunächst den Parkverstoß als durchaus gegeben an. Die Beschilderung "E-Auto" und ein zweites weißes Zusatzzeichen "während des Ladevorgangs" führten dazu, dass der Mann seinen Benziner dort nicht habe parken dürfen. Aus der Beschilderung folge nämlich nicht nur ein Parkverbot für nicht-elektrisch betriebene Fahrzeuge. Sogar elektrisch betriebenen Fahrzeugen, die keinen Ladevorgang durchführen, sei das Parken dort untersagt. Daran war auch die Bewertung der durchgeführten Abschleppmaßnahme zu messen, und der offensichtlich nicht bestehenden Funktionsfähigkeit der Ladesäule kam hierbei ein besonderes Gewicht zu. Denn das Vorrecht zum Parken war ausweislich der Verkehrszeichen eben für Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs angeordnet - und eben nicht etwa für Elektrofahrzeuge im Allgemeinen. Die Funktionsunfähigkeit der Ladesäule hatte somit zur Folge, dass kein Fahrzeug dort hätte parken können, unabhängig von der Antriebsart. Der Parkplatz war zum betreffenden Zeitpunkt somit dem Verkehrsraum vollständig entzogen gewesen. Ein Abschleppen des Fahrzeugs war daher sachlich nicht erklärbar, da es keine positiven rechtlichen Folgen für eventuell vorhandene E-Fahrzeuge entwickle, denn diese dürfen mangels Ladevorgangs dort ebenfalls nicht stehen.

Hinweis: Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Abschleppvorgangs ist es im Regelfall unerheblich, ob durch das verbotswidrige Abstellen eines Fahrzeugs konkret ein bevorrechtigtes E-Fahrzeug am Parken und Laden gehindert wird. Denn bei der rechtswidrigen Inanspruchnahme von Parkraum, der Bevorrechtigten zur Verfügung stehen soll, darf ein Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung der bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer und ohne Einhaltung einer besonderen Wartezeit regelmäßig zwangsweise entfernt werden. Nur so kann dem mit der Einrichtung von bevorrechtigten Parkplätzen verfolgten Anliegen hinreichend effektiv Rechnung getragen werden.


Quelle: VG Hamburg, Urt. v. 18.03.2025 - 12 K 3886/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 09/2025)