Ermittlungen zu Verkehrsverstößen: Wer zumutbare Mitwirkung verweigert, muss zum Schutz der Allgemeinheit ein Fahrtenbuch führen
Irgendwann ist "Schluss mit lustig", sagte hier die Behörde. Ob sie dies im Fall erfolgloser Ermittlungen zum Fahrer eines zweifach geblitzten Fahrzeugs zu Recht annahm, musste das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (VG) prüfen. Denn der Halter war der Auffassung, dass sein Schulterzucken ihn quasi auch davon befreien müsse, künftig ein Fahrtenbuch zu führen, und klagte genau dagegen an.
Sein Fahrzeug wurde zuerst in Düsseldorf mit einer Geschwindigkeitsübertretung von 9 km/h geblitzt. Dieser "Schnappschuss" lohnte sich doppelt, denn der Fahrer hielt zu dem Zeitpunkt immerhin auch noch ein Handy in der Hand. Doch es kam noch dicker; am Abend des folgenden Tags wurde das Fahrzeug erneut in Düsseldorf geblitzt, dieses Mal mit 21 km/h zu viel auf dem Tacho. In beiden Fällen wäre neben einer Geldbuße die Eintragung jeweils eines Punkts im Fahreignungsregister erfolgt, doch auf die Anhörungsschreiben im Bußgeldverfahren reagierte der als Fahrzeughalter angehörte Kläger zunächst nicht. Gegen die sodann erlassenen Bußgeldbescheide legte er Einspruch ein. Dazu fügte er den Ausdruck einer E-Mail bei, in der er auf einen Einspruch in einem weiteren Bußgeldverfahren Bezug nahm und angab, das Fahrzeug nicht gefahren zu haben. Auf weitere Nachfragen der Ermittlungsbehörde zum Fahrer reagierte er nicht. Das Bußgeldverfahren wurde eingestellt, weil der auf dem Foto abgebildete Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Die zuständige Behörde in Bottrop ordnete gegenüber dem Kläger an, für das Fahrzeug 18 Monate lang ein Fahrtenbuch zu führen. Hiergegen richtet sich die Klage.
Das VG hat die Auffassung der Behörde nun bestätigt und die Klage abgewiesen. Die Behörde musste nicht weiter "ins Blaue hinein" nach möglichen Fahrern des Fahrzeugs suchen - auch nicht in der Nachbarschaft des Klägers, wie dieser meinte. Denn der Kläger hatte die ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung erkennbar verweigert. Schließlich habe er durch die Anhörung im Bußgeldverfahren die Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes generell so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar sei. Insbesondere habe er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild zu erkennenden Fahrer zu benennen oder zumindest den möglichen Täterkreis einzugrenzen und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten des Fahrzeugs zu fördern. Lehne der Fahrzeughalter erkennbar - wie hier - die Mitwirkung an der Ermittlung ab und liegen der Bußgeldbehörde sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, sei es ihr regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Sie kann das Bußgeldverfahren dann einstellen und eine Fahrtenbuchauflage anordnen.
Hinweis: Ein Kfz-Halter kann verpflichtet werden, ein Fahrtenbuch zu führen, wenn er bei der Aufklärung von zwei aufeinanderfolgenden erheblichen Verkehrsverstößen nicht mitwirkt. Art und Umfang ihrer Ermittlungstätigkeit darf die Behörde an den Erklärungen des Fahrzeughalters bei der Anhörung im Bußgeldverfahren ausrichten. Die Fahrtenbuchauflage dient in derartigen Fällen dem Schutz der Allgemeinheit. Das Fahrtenbuch soll helfen, bei künftigen Verkehrsverstößen mit dem Fahrzeug den Täter feststellen zu können. Die Dauer einer Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs bemisst sich nach der Schwere des Verkehrsverstoßes.
Quelle: VG Gelsenkirchen, Urt. v. 10.07.2025 - 14 K 6335/24
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(aus: Ausgabe 09/2025)