Mietvertrag mit dem Ex: Wer sich auf längst nicht mehr gelebte Rechtslagen beruft, handelt treuwidrig

Selbst, wenn das Sprichwort gern zitiert wird - nicht immer bleibt, wer schreibt. Beispielsweise unterschreiben Paare Mietverträge, die sich im Laufe eines lange währenden Mietverhältnisses trennen. Das Landgericht Darmstadt (LG) musste sich daher mit der durchaus interessanten Frage beschäftigen, ob eine Kündigung auch gegenüber einem Mitmieter ausgesprochen werden muss, der schon seit Jahrzehnten nicht mehr in der Wohnung lebt.

Ein Ehepaar hatte ein altes Haus gekauft und wollte es abreißen lassen, um neu zu bauen. Als neue Eigentümer kündigten sie daraufhin ein Mietverhältnis, das 1981 mit einem Ehepaar abgeschlossen wurde. Die Kündigung richtete sich nur gegen die Frau, da deren ehemaliger Ehemann in den 1980er Jahren ausgezogen war und dort nicht mehr wohnte. Nun sollte die Frau mit ihrem neuen Partner die Wohnung räumen. Die Mieterin meinte jedoch, dass die Kündigung nicht gültig sei, weil sie nicht auch gegenüber ihrem Ex-Mann ausgesprochen wurde. Das Amtsgericht gab den Eigentümern recht und erklärte, dass die Kündigung nur gegenüber der Frau ausreichend war, weil das Mietverhältnis mit dem Ex-Mann durch seinen Auszug vor vielen Jahren automatisch beendet war.

Das LG bestätigte diese Entscheidung im Berufungsverfahren. Es war nicht entscheidend, ob das Mietverhältnis mit dem Ex-Mann tatsächlich beendet war, sondern vielmehr, dass sich die Frau auf eine formale, längst nicht mehr gelebte Rechtslage berief und dadurch treuwidrig handelte. Ob ein solches Verhalten rechtsmissbräuchlich ist, entscheidet das Gericht stets im Einzelfall. Die Frau wollte vorgeben, mit dem Ex-Mann weiterhin gemeinsam für das Mietverhältnis verantwortlich zu sein, was das Gericht aber für unrealistisch hielt. Es erkannte keine schützenswerten Interessen des Ex-Manns an, da er seit fast 40 Jahren nicht mehr in der Wohnung lebte und keinen Kontakt mehr zur Frau hatte.

Hinweis: Das Urteil zeigt, dass es nicht immer nötig ist, einem Mitmieter zu kündigen, wenn dieser lange ausgezogen und nicht mehr erreichbar ist. Gerichte prüfen genau, ob das Festhalten an solchen formalen Rechten gerechtfertigt ist oder missbräuchlich.


Quelle: LG Darmstadt, Urt. v. 29.04.2025 - 30 S 59/25
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 09/2025)