Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit: Kommentarlose Kofferrückgabe ist als Absage zu verstehen und zieht Schadensersatzansprüche nach sich
In diesem Fall bekam eine urlaubsreife Familie nicht etwa die weite Welt, sondern nur den heimischen Flughafen zu sehen - und das gleich zweimal, beide Male umsonst. Dass der unverschuldet geplatzte Urlaub Schadensersatzforderungen nach sich zieht, war erwartbar. Was das Landgericht Frankfurt am Main (LG) dabei aber zudem zu bewerten hatte, war, wie hoch dieser Anspruch ausfallen kann.
Eine Familie hatte eine zweiwöchige Pauschalreise nach Fuerteventura gebucht. Der Hinflug sollte am 27.05.2022 stattfinden, fiel aber aus. Der Veranstalter kündigte dann einen neuen Flug für den Abend des 28.05. an. Die Familie erschien rechtzeitig am Flughafen und wurde mit dem Bus zum Flugzeug gebracht. Doch dort durften sie nicht einsteigen. Stattdessen wurde das Gepäck wieder ausgeladen - und zwar alles ohne Erklärung. Am Abend teilte der Veranstalter dann mit, dass auch dieser Flug nicht stattfinden werde. Die Familie solle ihr Gepäck am Förderband abholen. Einen weiteren Ersatzflug versprach der Veranstalter zwar für den 29.05. Doch die Familie reiste nicht mehr mit und forderte nun stattdessen eine Entschädigung für die verlorene Urlaubszeit. Das erstinstanzliche Amtsgericht sprach ihr zunächst nur für die ersten zwei Tage vollen Ersatz zu und lehnte alles Weitere ab. Für einen weiteren Entschädigungsanspruch fehle es nämlich an dem hierfür erforderlichen Abhilfeverlangen, das vonseiten der Familie hätte initiiert werden müssen.
Das sah das LG völlig anders. Seiner Ansicht nach habe der Veranstalter seine Pflichten nicht nur mit den beiden erfolglosen Abflugversuchen, sondern auch ab dem 29.05. verletzt. Ohne Erklärung sei die Rückgabe der Koffer wie eine Absage zu verstehen gewesen. Für Außenstehende habe das so gewirkt, als wolle der Veranstalter die Reise gar nicht mehr durchführen. Ein neues Boarding sei nicht ernsthaft angeboten worden. Die Familie musste also gar nicht noch einmal ausdrücklich um (Ab-)Hilfe bitten und erhält für die Reisetage ab dem 29.05.eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 50 % des anteiligen Reisepreises. Das Urteil ist rechtskräftig.
Hinweis: Wenn ein Reiseveranstalter nach mehreren gescheiterten Flugversuchen kommentarlos das Gepäck zurückgibt, muss man nicht mehr um Hilfe bitten. Das gilt als klare Absage der Reise. Dann gibt es Geld zurück - auch für die restlichen Urlaubstage.
Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.05.2025 - 2-24 S 2/24
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(aus: Ausgabe 09/2025)