"Er oder wir!": Kündigung darf erst letztes Mittel sein, wenn andere Konfliktlösungsmöglichkeiten nicht greifen

Wenn auch nur einer unter vielen stört, kann dieser den gesamten Betriebsablauf durcheinanderbringen. Ob es ausreicht, dass sich ein Großteil der Belegschaft einig ist, dass ein Kollege gehen müsse, um den betrieblichen Frieden wiederherzustellen, musste kürzlich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) entscheiden. Man ahnt: Eine sogenannte Druckkündigung ist nicht so einfach.

Ein Mann arbeitete seit über zehn Jahren in einem Unternehmen und hatte immer wieder Streit mit den Kollegen. Irgendwann wurde die Stimmung so angespannt, dass einige Kollegen drohten, zu kündigen, falls der Mann nicht gehen müsse. Der Arbeitgeber sprach mit dem Mann über eine einvernehmliche Trennung, der der Mann jedoch nicht zustimmte. Daher übernahm dies der Arbeitgeber, der dem Mann fristlos mit sogenannter Auslauffrist kündigte - also mit einer Frist ähnlich wie bei einer normalen Kündigung. Der Mann wehrte sich dagegen vor Gericht.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch später das LAG gaben dem Arbeitnehmer recht. Das Gericht erklärte: Eine derartige Druckkündigung sei nur erlaubt, wenn der Arbeitgeber vorher alles getan habe, um die Situation zu beruhigen. Dazu gehöre, mit allen Beteiligten zu sprechen und zu versuchen, den Streit im Betrieb zu lösen. In diesem Fall war davon nichts erkennbar. Der Arbeitgeber hatte keine Mediation angeboten, keine Gespräche geführt und keine Maßnahmen zur Deeskalation ergriffen. Damit fehlte ein wichtiger Grund für eine rechtmäßige Kündigung. Auch den Wunsch des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis wenigstens vom Gericht auflösen zu lassen, lehnte das LAG ab. Bei einer fristlosen Kündigung mit Auslauffrist sei das nicht möglich - selbst dann nicht, wenn eine normale Kündigung tariflich ausgeschlossen sei.

Hinweis: Wer als Arbeitgeber Konflikte im Betrieb ignoriert, darf sich später nicht auf den Druck der Belegschaft berufen. Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn vorher ernsthaft versucht wurde, den Streit zu lösen. Auch innerbetriebliche Mediation kann notwendig sein.


Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 13.05.2025 - 10 SLa 687/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 09/2025)